Wir haben es mit dem Community Learning innerhalb des letzen Schuljahres geschafft, einen neuen, regelmäßigen Treffpunkt von und für junge Afrikaner*innen in Hamburg zu schaffen.
Wir haben eine korrekte Richtung eingeschlagen und konnten Vieles, was wir uns vor einem Jahr vorgenommen hatten, auch umsetzen.
Über das gesamte Schuljahr haben wir selbst-organisierte, schulische Unterstützung in die Tat umgesetzt. Wir haben Schwarze SchülerInnen aus verschiedenen Altersklassen, Stadtteilen und Herkünften erreicht und Nachhilfe in allen Fächern angeboten. Dabei wurde besonders in Mathematik, aber auch in anderen Fächern offensichtlich, dass es einen großen Bedarf nach schulischer Unterstützung gibt. Anders als geplant haben nicht nur Jugendliche, sondern auch jüngere Kinder die Nachhilfe in Anspruch genommen. Das zeigt uns, dass ein Afrikanisches Bildungsprojekt im besten Fall schon bei den jüngsten Familienmitgliedern ansetzen sollte.
Einige SchülerInnen kamen nur kurzfristig zu uns, vor anstehenden Klausuren oder Schulabschluss-Prüfungen, aber insbesondere die jüngeren waren Woche für Woche da. Es entstand eine sehr positive Atmosphäre, wir feierten die Gemeinschaft, sowie schulische und außerschulische Erfolge und nahmen unsere soziale Verantwortung für die Stärkung und Selbstermächtigung unserer jüngeren Geschwister an.
Verglichen mit dem großen Potential, haben wir leider wenige Jugendliche mit unserem Nachhilfe-Programm erreicht. Eine bessere, verbreitete und verbindlichere Verantwortungsübernahme von mehreren Leuten ist notwendige Voraussetzung für ein erfolgreicheres Nachhilfe-Projekt von und für die Black Community. Die Räume des African Cultural Centre waren häufig nicht optimal für unsere Bedürfnisse, weshalb wir uns für die Zukunft auf die Suche nach alternativen Räumen machen werden.
Durch den politischen Teil des Community Learning, das Vermitteln von Afrika-zentriertem Wissen konnten wir unser individuelles und kollektives Bewusstsein erweitern und stärken. Wir organisierten zahlreiche, gut besuchte Veranstaltungen. Viele der Themen, die wir uns vorgenommen hatten, haben wir besprochen, wobei sich unsere Liste mit interessanten Themen stetig erweiterte.
Wir haben uns mit der Black Panther Party beschäftigt und dabei realisiert, dass die strukturelle Unterdrückung, gegen die sie damals kämpften, in Bereichen wie Arbeit, Bildung und Wohnen, bis heute aktuell sind. Wir haben Filme über HeldInnen des Afrikanischen Befreiungskampfes, wie Thomas Sankara, Mumia Abu-Jamal, Angela Davis und Winnie Madikizela-Mandela gezeigt und die Rolle von Schwarzen Frauen im Befreiungskampf hervorgehoben, über Märtyrerinnen wie Marielle Franco informiert und über die Schwarzen Geschlechterverhältnisse diskutiert. Wir haben die Demonstrationen gegen die Versklavung unserer Leute in Libyen, die im Jahr 2017 stattfanden, reflektiert und uns ins Gedächtnis gerufen, dass diese mörderischen Verbrechen bis heute nicht gestoppt wurden. Wir haben gemeinsam über den Widerstand gegen rassistische Polizeigewalt diskutiert, zur Gedenkdemonstration für Oury Jalloh mobilisiert und viele von uns engagieren sich im Kampf um Gerechtigkeit für Tonou Mbobda und Juliet. Wir haben uns in zwei Vorträgen über die vorkoloniale Geschichte Afrikas informiert, uns durch einen Vortrag und einen mehrwöchigen Lesekreis mit Walter Rodneys historischer Perspektive auf die Unterdrückung und Entwicklung Afrikas auseinandergesetzt und aus unseren Reihen wurde auf der Revolutionären 1. Mai-Demo eine Rede gehalten. Wir führten eine Veranstaltung über den deutschen Kolonialismus durch und vernetzen uns Hamburg- und bundesweit, online wie offline mit jungen, Schwarzen AktivistInnen.
Wir sollten sehr stolz sein und uns gegenseitig dankbar zeigen, für alles was wir gemeinsam bisher schon erreicht haben!
Wir haben durch unsere offene Arbeit einen größeren Personenkreis erreichen können. Viele Schwestern und Brüder, die sich vorher nicht kannten, kamen zusammen und vernetzten sich.
Dadurch, dass unsere politische Arbeit vor Allem frontal stattfand und sich auf Vorträge und Filme konzentrierte, begünstigten wir in unserer politischen Arbeit eine Konsumhaltung. Mit einer steigenden Konsumhaltung wird es immer schwerer, die allgemein vorherrschende Passivität und den Individualismus aufzubrechen. Es ist richtig und hat z.B. im Lesekreis auch gut funktioniert, wenn wir uns an anderen Formaten der politischen Arbeit orientieren und insbesondere auch die stärkere interne Auseinandersetzung fördern.
Gleichzeitig sollte auch die externe Vernetzung mit der breiteren Black Community und insbesondere Africa United Sports Club, die sich schon in der Vergangenheit positiv entwickelte, weiterhin vorangetrieben werden.
Es auch positive Entwicklungen, so wurde das Programm zu Beginn durch wenige Personen getragen. Aus wöchentlichen Organisations-Treffen in der Vorbereitungsphase im Sommer 2018 wurde mit dem Schulbeginn plötzlich ein wöchentliches, offenes Angebot, ohne eine starke Organisation dahinter. Später konnten wir eine bessere Organisation und Verteilung der Verantwortung erreichen.
Es braucht klare, interne Absprachen, damit Menschen sich aufeinander verlassen und persönlichen Bedürfnisse und Verpflichtungen erfüllt werden können.
Dafür ist eine gleichmäßige Aufgabenverteilung nötig. Und es muss geklärt werden, wer wie belastbar und verfügbar ist, damit wir uns gegenseitig entlasten und unterstützen können. Dafür sind interne Kommunikation und eine passende Grundstruktur sehr wichtig.
Kritikpunkte dürfen nicht unterschwellig behandelt oder unvermittelt in den Raum geworfen werden. Kritikpunkte sollten sollte direkt oder in der Gruppe besprochen werden, auch um eine bessere Dynamik zu schaffen.
An der inneren Zusammenarbeit, dem Umgang untereinander und an Gruppenprozessen muss dauerhaft gearbeitet werden.
Intern und in der Außenwahrnehmung sollten Zusammenhänge zwischen verschiedenen Gruppen, Organisationen und Vereinen klar und verständlich sein, um Verwirrungen vorzubeugen.
Für uns als Teil der Afrikanischen Diaspora stellt die Community-Arbeit, unsere Selbstorganisation in jedem Lebensbereich, die Basis für den politischen Widerstand und den Kampf um Befreiung, gegen Spaltung, Ausbeutung und Unterdrückung dar.
Wir müssen unsere eigenen Strukturen stetig verbessern und aufbauen, wenn wir dabei ebenso offen und ansprechend, wie verbindlich und radikal sein wollen. Wir brauchen klare, gemeinsame Ziele und müssen sie aus unseren eigenen Standpunkten entwickeln und zusammenführen.
Dabei müssen wir von unserer Familie, unserer Community und unseren Vorfahren lernen, denn nur ihnen verdanken wir unser alltägliches Überleben. Unsere Aufgabe ist es, unser stolzes Erbe zu erkennen und daraus konkrete Strategien für heute zu entwickeln.
Für die Zukunft wird es eine Trennung von Nachhilfe und politischer Organisation geben.
Die Nachhilfe soll durch eine lokale Vernetzung mit erfahrenen und potentiellen Kooperationspartnern, den bundesweiten Erfahrungsaustausch, sowie Recherche in Afrikanischen Gemeinschaften unter dem Dach von AFRICA UNITED zum Aufbau eines größeren, kostenlosen und professionellen, Afrikanischen Community-Nachhilfe-Programmes führen.
Die zukünftige politische Organisation des Study Collective wird unabhängig davon sein.
Als Lehre aus den bisherigen Erfahrungen kann es hierbei zunächst nur darum gehen, in häufigeren Treffen unsere Zusammenarbeit, Kommunikation und Prinzipien grundsätzlich zu klären, insbesondere gemeinsame Ziele herauszuarbeiten, zusammenzuwachsen und erst daran anschließend eine mögliche Umsetzung mit entsprechendem Selbstverständnis, Konzept und passender Struktur neu zu entwickeln.
Zusammen sind wir stark!
Afrika Unite – Study Collective // Sommer 2019